"8 Mile": Eminem rappt seine Lebensgeschichte
Die 8 Mile Road in Detroit ist mehr als eine Straße - sie ist ist eine Grenze. Eine Grenze zwischen Arm und Reich, zwischen Schwarz und Weiß. Jimmy Smith, genannt «Rabbit» (gespielt vom Rapper Eminem), lebt auf der falschen Seite der Straße - und das im doppelten Sinn: er ist arm und weiß. Zusammen mit seinen meist schwarzen Freunden träumt er vom Sprung raus aus dem Getto - mit einem Plattenvertrag und einer Karriere als Rap-Star.
Für HipHop-Fans klingt das sehr vertraut, denn so ähnlich ist auch Eminems Leben verlaufen. Doch der Film «8 Mile» von Regisseur Curtis Hanson ist keine Biografie des erfolgreichsten weißen Rappers. «Die einzelnen Szenen und Orte sind fiktiv, doch der Film und Eminems Leben haben viele Überschneidungen, besonders in emotionaler Hinsicht - die Wut, die Hilflosigkeit und die Angst sind real», sagt der Oscar gekrönte Hanson («L.A. Confidential») in einem dpa-Gespräch.
Die Hauptrolle an den 30 Jahre alten Schauspielneuling Eminem zu vergeben, war nicht von Anfang an geplant und riskant, erklärt Hanson. «Ich war interessiert an der Geschichte, nicht daran, ob Eminem mitspielt oder nicht. Als ich ihn das erste Mal traf, wurde mir klar: ihn im Film zu haben, macht die Arbeit nicht einfacher - er selbst wollte zunächst nicht bei dem Projekt mitmachen.»
Doch Hansons intensive Arbeit mit dem Rap-Star hat sich nicht nur nach Meinung vieler Kritiker gelohnt: der Film schoss in den USA am Startwochenende gleich auf Platz eins der Kinocharts. Authentisch und mit viel Gefühl porträtiert Eminem den Gossenjungen, der mit seiner vom Leben enttäuschten Mutter (Kim Basinger) in einem Wohnwagen lebt und von einer HipHop-Karriere träumt. Hanson betet das Straßenleben in Detroit nicht klischeehaft herunter, sondern erzählt es sensibel und schonungslos zugleich.
Eminem gab nach Aussage von Hanson sein Äußerstes. «Der Film hat ein halbes Jahr lang sein Leben bestimmt, danach sagte er zu mir: Niemals wieder. Er war erschöpft, denn er ist ja in jeder Szene des Films.» Und er füllt sie mit großer Präsenz. Überzeugend und wortgewaltig bringt Eminem (s)eine Lebensgeschichte auf die Leinwand.
Worte sind die Waffen des Rappers - das gilt für Eminem genauso wie für sein Alter Ego «Rabbit». Der soll sich in Reimschlachten, so genannten «Battles», im örtlichen Club beweisen, doch kneift meist kurz vorher - Angst, Wut und Lampenfieber lassen ihn erstarren. Am Ende triumphiert dann aber der Rapper in «Rabbit» und bringt die geballte Energie und das Talent des jungen Mannes zum Vorschein.
In diesen Battles, den stärksten Szenen des Films, demonstriert der als Marshall Mathers geborene Eminem, warum er bereits mehr als 30 Millionen Platten verkauft hat. Die Wortgefechte sind scharf, jede Silbe sitzt, jede Pointe trifft - kein Werk eines Drehbuchautors, sondern Texte von Eminem, der während der Dreharbeiten noch seinen aktuellen Hit «Losing Yourself» schrieb. «Er arbeitet so, wie es im Film zu sehen ist, er kritzelt ständig Songtexte auf kleine Zettel», erklärt Hanson.
Damit zeigt der Film neben der emotionalen Seite auch die Arbeitswut, die in Eminem steckt. Und er gibt möglicherweise einen Einblick in das Seelenleben des umstrittenen Musikers. «Der Film kann helfen, dass die Menschen anders über ihn denken. Aber auch das ist natürlich nicht wirklich er selbst, sondern nur eine Illusion», meint Hanson. Die Frage bleibt, ob Eminem der sensible, zurückhaltende Mensch ist, der sich hinter der zornigen, bösen Maske des Rappers versteckt, oder ob das auch nur eine Maske ist.